Geschichten, Erlebnisse & Erkenntnisse
Von „das habe ich mir verdient“, zu „das bin ich mir wert“. August 2020Daniela Beier2021-03-11T21:00:08+01:00
Ich bin Momentensammlerin. Dieser Begriff begleitet mich schon viele Jahre; lange bevor ich das Lied „Momentensammler“ von Schmidbauer & Kälberer zum ersten Mal gehört habe. Momente, die ich sammle, sind für mich zum Beispiel einen leckeren Cappuccino in einem netten Café zu trinken, in Ruhe ein gutes Essen zu genießen, Popcorn im Kino zu knabbern und, kurz bevor der Film startet, diese vor freudige Stimmung zu fühlen, am Wasser spazieren zu gehen… Was habe ich diese Momente genossen!
Doch diese Momente habe ich früher gesucht, weil ich das ja verdient habe. Wow, dieses Essen habe ich mir voll verdient. Diese kurze Pause im Café – voll verdient. Ich wollte diese Momente in stressigen und kritischen Zeiten haben, um etwas zu besitzen und weil sie mir so „vermeintlich“ gut getan haben. Doch mit meiner persönlichen Entwicklung war irgendwann der Moment da. Ich habe verstanden, dass ich diese schönen Momente nicht verdient habe, sondern dass ich es wert bin, sie zu erleben.
Diese Änderung in mir hat bewirkt, dass ich diese Momente intensiver spüre. Es sind meine Beimir-Momente. Meine Ressourcen-Momente. Ich denke: Hallo, du Zitronenfalter auf meinen Rucksack. Ich nehme dich ein Stück mit auf meiner Wanderung. Vielen Dank ihr Waldbeeren, dass ihr am Wegrand wachst. Ich genieße es, spontan mit meinem Sohn in der Küche zu tanzen. Ich betrachte den Sonnenuntergang von meiner Terrasse aus. Wow, Mutter Natur, ich danke dir. Ich sitze morgens auf der Bettkante, meditiere kurz und denke mir: Hallo Tag, da bin ich.
Los geht’s! Momente – meine Momente – lauern überall. Diese Momente zu erleben und zu genießen, bin ich mir wert.
Auf Seite 64 im Buch – Urlaub ist immer! 111 Tage für mehr Achtsamkeit und Lebensfreude
Projekt: 1000km. Mai 2020Daniela Beier2020-09-02T16:57:12+02:00
Am 30. Mai 2020 war es soweit. Die ersten Lockerungen in den Ausgangsbeschränkungen wurden aufgehoben. Das Wetter schien gut zu werden. Bedingt durch Kurzarbeit und keinen aktuellen Aufträge (Selbstständigkeit) haben wir (mein Mann und ich) Zeit und wir haben voll Bock darauf – gut 1000km Rad zu fahren in 7-9 Tagen.
Die grobe Richtung und das Ziel von 1000km war klar, der Rest, wie Unterkunft finden bzw. wissen was hat überhaupt schon offen und wie wird das Funktionieren, war komplett frei. Wie geil und spannend hat sich das angefühlt. Nicht zu wissen in welchen Dorf, Stadt oder Markt in welcher Pension, Hotel oder Bauernhof werden wir schlafen. Wie schnell finden wir was und was tun, wenn gar nichts geht??
Die Tour Planung hat komplett Klaus (mein Mann) übernommen. Wo welche Highlights und Sehenswürdigkeiten waren, wusste er, ich habe mich hier voll auf Ihm verlassen. Ich wusste einzig, es geht die Donau rauf, zum Donau Ursprung und dann irgendwie über den Bodensee nach Salzburg. Ok gut. Wie schön sich das angefühlt hat, nichts zu wissen, voll zu vertrauen und sich überraschen zu lassen was da kommt.
Am 30. Mai um 7 Uhr früh gemeinsames Kaffee trinken, letzter Check und dann ab aufs Rad (Gravel Bike). Ich freue mich so. Ein breites Grinsen schon jetzt von Backe zu Backe. Wir sind top ausgestattet mit „Arschrakete“, Rucksack, Lenkrad- und Oberrohrtasche. Alles strukturiert und optimal zusammengefaltet und gepackt. Also ich zumindest ?. Immer wieder schön zu sehen wir unterschiedlich hier die optimale „Packvorstellung“ ist.
Wetter ist top. Räder laufen leise. Vögel zwitschern. Es riecht frisch und klar. Wir kennen uns aus, es rollt. Nach 20 km, erster Stopp: luftigere Kleidung und weiter. Ja rollt das schön. Heute ist das Ziel Strecke zu machen. Das wird mir von Anfang an mitgeteilt. „Am ersten Tag ist es wichtig, Strecke machen, weg aus den bekannten Umgebungen“, sagt Klaus. Ok denke ich, dann machen wir halt Strecke ich hänge schön im Windschatten, kenne mich ja nicht aus ?. Zweiter kurzer Stopp zur „P…pause“ und Blick auf die Karte (trotz GPS und Navi), „OK sagt mein Mann, denke wir sind richtig“. Ich an eine Spaziergängerin „Hallo, einen schönen guten Morgen, wir möchten nach ……, sind wir hier richtig“. „Nein, da müssen Sie hier …. entlang“. „Haben Sie vielen Dank“. Wie schön nach 50 km, in unser eigentlich vertrauen Umgebung und schon falsch abgebogen. Mei haben wir gelacht. Hallo Urlaub und Erholung.
Unterwegs trafen wir auf eine Schafherde, gingen genau auf unserem Radweg und somit durften wir eine Zeit im „Schafgehtempofahren“. Durch Millionen von Fliegenschwärmen gefahren, so zumindest immer eine kleine Portion Eiweiß zwischendurch aufgenommen und ansonsten alles in uns an neuen Eindrücken „aufgesogen“. Ein rund um schöner Start in das Projekt. 167km waren es am Abend auf dem Tacho. Denke wir haben Strecke gemacht. Ankunft in Donauwörth, sehr nettes kleines Café am Hauptplatz gefunden bei einem kühlen Bier und einem Cappuccino haben wir den Kellner nach einer Unterkunft gefragt, Empfehlung bekommen, angerufen und gebucht. Wow, was für ein Auftakt. Super Abendessen beim Hoteleigenen Italiener, um ca. 21 Uhr Köpfchen auf das Kissen gelegt und zum italienischen Frühstück, mit Tomate & Mozzarella, Parmaschinken und süßen Teilchen, um 7 Uhr wieder weggenommen. Weiter geht’s. Bin gespannt wie es heute wird. Der zweite Tag ist meist der „Po -Aua-Tag“, dieser muss sich erst an das Ganze gewöhnen.
Nach kurzer Zeit war klar, heute gehen wir es etwas entspannter an, so viel wie gestern fahren wir nicht. Nein, fahren wir nicht. Zudem hat mir Klaus mitgeteilt, dass wir heute einen Schlenker machen. Der alten Donau entlang nach Blaubeuren, dort verlieft wohl die Donau früher, bis sie irgendwann umgeleitet bzw. sich einen neuen Weg gesucht hat (so genau weiß ich das nicht). Ja mei, ist des schön auf der Strecke. Dörfchen und Städte, von denen ich noch nie gehört habe oder eine ganz andere Vorstellung hatte. Solch eine Überraschung ist z.B. Ulm für uns. Ist das eine lebendige, schöne und bunte Stadt. Wow, und was für eine Uferpromenade – Leben pur. Nach einer kurzen Pause mit einer gemeinsamen Portion Pommes, Apfelschorle und Spezi, geht’s weiter nach Blaubeuren zum „Blautopf“. Bin gespannt was das ist. Ulm ist eine separate Reise wert, beschließen wir.
Was ist dieses Blaubeuren für ein nettes altes historisches Städtchen. Ein Fachwerkhaus schöner als das andere und eines schiefer und bunter als das Nächste. Und dieser „Blautopf“, ist ein Teich in ganz beeindruckenden klaren blauen Farben. Sehr irritiert waren wir doch von den vielen Menschen vor Ort. Es ist doch Corona, dachten wir uns, wo sind die Absperrungen, Abstandslinien, Masken etc. und es sollte noch eines draufgesetzt werden. Dazu später mehr. Entscheidung steht, dieses Städtchen wird unsere nächste Übernachtungsdestination, wenn wir was kriegen ? und wie gestern: Suchen wir einen Platz in einem Café, fragen den Kellner, bekommen eine Empfehlung, Googlen, rufen an und buchen. Des schaut sich gut aus. Lecker zu Abend gegessen, mit regionalen typischen Maultaschen und einem feinen Braten für Klaus. Danach gibt’s einen kleiner Verdauungsspaziergang und wir genießen die Ruhe in einem „Ausflugsort“, wenn alle Tagesausflügler weg sind. Danach ab ins Bett. Morgen werden wieder mehr Kilometer gefahren. Haben wir zumindest geplant. Heute waren es so an die 105 km. Und noch ergänzt zum „Blautopf“. Unsere Hauswirtin hat erzählt, dass vor einer Woche, so viele Besucher am Teich waren, mit dem niemand gerechnet hat und die Absperrungen den Menschenmassen nicht Stand gehalten haben, diese einfach umgerissen wurden und auch die Polizei wohl einschreiten musste. Na ja, wir lassen dies unkommentiert.
Den Frühstücksraum haben wir fast für uns allein und wir genießen die Ruhe sowie das lecker Frühstück bevor wir uns auf unsere Gefährte setzten. Etwas „aua“ aber, des passt schon. Weiter geht’s der Donau entlang. Fahre schön meinen Mann hinterher und genieße die Aussicht (beide Aussichten ?). Heute geht was, es ist heiß, aber es rollt gut, so empfinde ich zumindest. Bei Klaus ist heute mehr der „Po-Aua-Tag“. So schön wechseln wir uns schon jetzt ab, mit dem „Jammern und der Motivation“. Stille, wir hören fast nichts. Hier und da mal Vogelgezwitscher oder Grillenzirpen dies sind die Hauptgeräusche am Morgen und Laufe des Tages. Es riecht auch heute nach Gras, Bäumen und „Freiheit“. Wir unterbrechen den Tag mit kurzen Abstecher in kleine Städtchen auf nen Espresso oder kaltes Getränk und dann wieder raus in die Ruhe. Für eine längere Pause entscheiden wir uns auf einen Halt an einem Fußballvereinsheim am Weg, was anderes kam einfach nicht. Nur kurz auf einen kleinen Stopp hier, war der Plan, aber es kam anders. Ganz anders. „Hast Du das gelesen Spatz, Wiener Schnitzel mit Pommes für nur …?“, ruft mein Mann. Das sollte es heute sein, Wiener Schnitzel mit Pommes und Salat. An diesem Schnitzel hat Klaus, dann die nächsten 3 Tage gegessen, denn es waren 3 große Schnitzel, ich wiederhole gerne, 3 Schnitzel. Wir sind flexibel, Semmeln gekauft und somit gute Brotzeit gehabt für die nächsten Tage und Pausen. Was für ein Spaß. 143 km standen am Abend am Tacho. Die letzten 20 km waren heute Kopfsache und gegenseitiges unterstützen, war schon recht heiß. Großartige Unterkunft gefunden. So interessant wie die Unterkünfte die Corona Bestimmungen umsetzen und gestalten. Lecker zu Abend gegessen beim Griechen ums Eck, mit Ouzo als Alternative zum Verdauungsspaziergang und dann ins Bett.
Heute soll es zum Donau Ursprung nach Donaueschingen gehen und dann zum Bodensee. Dies haben wir in der Morgenbesprechung am Frühstückstisch mit Karte und Handy besprochen. Das Frühstück kam heute in kleinen „Doggy Bags“. Alles einzeln zusätzlich in kleinen Buttertüten verpackt. Vorbei an der Donauversickerung, darauf freue ich mich. Und los geht’s. Ok heute sitzt es sich nicht so fein, dafür geht’s bei Klaus besser ?, aber die schöne Umgebung lenkt ziemlich schnell ab. Schwups sind wir an der Donauversickerung vorbeigefahren, umdrehen und trockenes Flussbett anschauen. Voll interessant zu wissen, unter mir fließt jetzt die Donau und kommt mehrere Kilometer weiter wieder raus. Was wohl die Fische in diesen Monaten machen?
Hallo Donau Ursprung und Tschüss Donau Ursprung. Brunnen gesehen, fotografiert und weiter geht’s zum Bodensee. Kurze Orientierung und Entscheidungsbesprechung wie wir fahren und dann ab die Post. Das erste Mal weg von der Donau quer über das Land und Berg, Richtung Bodensee. Da merken wir das erste Mal so richtig, das knapp 20 kg Gepäck am Rad, es zieht am Berg/Anstieg. Da fühlt sich ein 12%ter doch gleich nach einem 20%ter an und die Hitze tut ihres dazu. Aber oben angekommen erhaschen wir den ersten Blick auf den Bodensee und grinsen uns an wie „Honigkuchenperde“. Da geht’s jetzt hin und schon lassen wir die Bremsen los und rauschen nach unten. Kurze Zeit später kommen wir in Ludwigshafen am Bodensee an und fahren dem Radweg entlang. Schon groß dieser Bodensee und so viiiiiiel los und Himmel, ist des laut und die ganzen Menschen. OK, hier ist geistige Umstellung angesagt, welche wir in einem kleinen Café am Wasser beschließen. Ein Stück weiter in Meersburg finden wir nach dem Besuch bei der Tourist Information eine schöne Unterkunft. Ankommen, auspacken, duschen, Restaurant suchen, essen, spazieren gehen und schlafen gehen. So einfach und schön kann ein Tag sein. Morgen geht es entlang am Bodensee zum Königsee Radweg, da freue ich mich sehr darauf und auf die angesagten Anstiege (Bergerl`n). Ich bin bereit. Denke ich.
Ausgiebig gefrühstückt mit einem schönen angerichteten Käse- und Wurstteller, hausgemachter Marmelade frischen Brötchen, frisches Obst und Joghurt, alles sehr „vornehm“ präsentiert. Grobe Lage- und Zielbesprechung und dann ab auf die Gefährte, weiter nach bzw. auf die Insel Lindau. Menschen über Menschen. Schon schön da, aber wir freuen uns schon jetzt auf die Stille wieder beim Radeln. Und kurze Zeit später begrüßt uns genau diese mit einem zusätzlich natürlichen Geruch ? ich sage nur Kühe und was da hinten so rauskommt. Dies wird ein fester Begleiter sein die nächsten Tage. Da Regen angesagt ist, fahren die Bauern wie die wilden um zu „düngen“. Natur pur ?. So kleine Anstiege und Stiche sind schön und tun doch so weh. Aber wo es rauf geht, geht’s auch wieder runter und so kommen wir in einem schönen kleinen Markt am Abend an und bevor es so richtig zu regnen anfängt, finden wir eine feine Unterkunft und absolvieren unser Programm. Wie erholsam. Heute merke ich eine wohlige Müdigkeit, habe mich an das zusätzliche Gewicht am Rad gewöhnt und dennoch zieht das den „Saft“ aus den Beinen bei den vielen kleinen Anstiegen im oberen Allgäu.
P.S. Wusste gar nicht das Bauern bis spät in die Nacht „düngen“ also „odel`n“, wie wir in Bayern sagen. Wir konnten das live miterleben, da unser Zimmerfenster genau, also direkt, an dem kleinen Weg lag, an dem alle Bauern der Umgebung durchmussten. Ich danke Ohropax.
Was für ein wunderbares Frühstück uns erwartet. Fast alles aus der Region und/oder selbstgemacht. Ganz feiner Käse, hausgemachte Butter und Marmelade, frisch zubereitete Spiegeleier und Bircher Müsli. Herz und Magen, was willst du mehr. Fertig gepackt, auf die Gefährte und weiter geht’s. Heute wird gleich das Regenoutfit angezogen, für den Fall, denken wir und dieser tritt kurz danach ein. Nach 90 km haben wir uns entschieden: Nein weiter fahren wir heute nicht, nass bis auf die Haut und das Städtchen Füssen soll ja auch richtig schön sein. OK wir brauchen eine Unterkunft, und zwar schnell. Café am Platz, umschauen, gegenüber was gesehen, rübergegangen, angefragt, gebucht und gut. Wie schön und schön so eine heißte Dusche sein kann, ein Traum. Die nassen Klamotten, irgendwie wild im Zimmer verteilt und dann auf die Suche nach Essen begeben. Fündig geworden, richtig zugeschlagen, nix Spaziergang durch den Regen, ab ins Bett, etwas Fernsehen und schlafen. Mal sehen, wie das Wetter morgen so ist. Laut Radar na ja. Schon heute Laufe des Tages verlieben wir uns in das Allgäu und wollen das bald wieder besuchen. Diese kleine Dörfer mit ihren zauberhaften Bauerhöfen und Hofladen, sind einfach wunderschön.
Am nächsten Morgen genießen wir ein leckeres Frühstück, packen und wollen los. Räder aus der Tiefgarage geholt und bemerken bei einem Gefährt, da ist die Luft raus. Platten. Aber kein Thema für uns, Werkzeug ausgepackt unters Dach (Regen setzt ein), Schlauch gewechselt, aufgepumpt, Mantel drauf und es kann los gehen. „Wäre gut, wenn wir unterwegs einen Rad Händler finden“, sagt Klaus, um die richtige Anzahl an Luftdruck (Bar) in die Reifen zu kriegen. Habe heute wieder ein Lied im Kopf, jeden Morgen wache ich mit einem Lied im Kopf auf, welches mich durch den Tag begleitet, heute ist es: I`m singing in the rain, I`m singing in the rain…… So ein leichter Sommerregen ist belebend und soll ja schön machen. Kurze Zeit später kommen wir an einer fabelhaften kleinen Radwerkstatt vorbei und der „Radl-Guru“ so wie wir Ihn taufen, hilft mit der Luft aus. Dieser Typ erzählt uns kurz, wo er schon überall und wohin er schon geradelt ist. Respekt denken wir uns, absoluten Respekt, er wirkt so sympathisch und entspannt auf uns. Was für ein netter Kerl. Karma sage ich zu meinem Mann später, wir haben ein gutes Karma. Wenn wir was brauchen, kommt es kurz danach. Egal ob Tankstelle, Supermarkt, schönes Rastplätzchen (Banker`l) oder eben eine Radwerkstatt. Ich bin fest davon überzeugt, Karma.
Bad Tölz ist heute unser Stadt der Übernachtung. Tourist Information, Broschüre und guck die nette Unterkunft neben diesem Café, frag doch mal…. was soll ich sagen, gebucht. Fein, Räder unterstellen, auspacken, duschen, Essen gehen, spazieren gehen (kein Regen), ab ins Bett und träumen. Wir wollen uns morgen entscheiden geht’s weiter Richtung Salzburg oder Richtung Heimat? Mal sehen was der Wetterbricht morgen früh sagt, vielleicht ist er besser als heute angekündigt. Daumen drücken. Das Highlight des Tages war ein Besuch oder auch Ansturm von einer Kuhbande. Ja Kuhbande. Wir haben uns in einem Supermarkt etwas Käse, Nüsse, Wurst, Gurke und Semmeln für eine Brotzeit gekauft und uns auf die Suche nach einem schönen schattigen Banker`l gemacht und auch eines gefunden. Kaum haben wir ausgepackt und fingen zum Essen an, kam die Kuhbande, welche soooo neugierig waren und haben an allen rumgeschnuppert und rumgeschleckt und wollten auch nicht gehen. Egal was wir taten, also haben wir zusammengepackt und uns eine nächste Bank gesucht. Basta. Ist Euch schon mal aufgefallen welche schöne Augen so Kühe haben?
Es bleibt bei viel Regen in den nächsten Tagen und somit entscheiden wir uns, es werden keine 1200 – 1300km, sondern wir machen die 1000km voll in Richtung Regensburg. Wenn wir über München und so… fahren kommen wir auf 1020 km bis zur Haustüre. Entscheidung steht. Rauf auf die Gefährte und ab nach München, mit geplanten kurzen Stopp bei Freunden auf ein Hallo und danach weiter Richtung Heimat. Sind zwar viel Kilometer heute aber können wir schaffen. Wir motivieren uns immer gegenseitig. Kurzer Stopp bei Freunden…. ? und dann weiter, das geht nicht. Bierchen Nr. 1, Bierchen Nr. 2 und Mensch bleibt doch über Nacht, wenn Ihr schon mal…, was „pressiert“ Euch denn, dann kommt halt einen Tag später an. Recht hamm`s. Räder untergestellt, ausgepackt, geduscht, Hausherren beim Grillen zugeschaut und einen lustigen Abend verbracht. So schön kanns sein und so unkompliziert. Aber morgen rauschen wir durch nach Regensburg bzw. Wenzenbach. Morgen machen wir die 1020 voll. Wir freuen uns drauf.
Gute Nacht Klaus. Gute Nacht München. Gute Nacht John-Boy. Äh Gute Nacht Radln.
Mit Kaffeeduft werden wir wach. Dazu frisch zu bereitete Rühreier mir Parmesan, Joghurt mit Äpfel und Pistazien. Käse wie ich Ihn mag und die „gute“ Wurst für Klaus am Morgen, dazu aufgebackenes Brot und ein herzlicher Guten Morgen Ratsch. Danach geht es voll motiviert los, es sieht nach Regen aus und die Temperatur ist empfindlich gefallen, aber am Radl in Bewegung passt des, „wir ziehen das heute durch“, sagen wir.
Und was soll ich sagen, es kommt doch oft anders als gedacht. In Nandlstadt ist Endstation. Nass bis auf die Socken und bis in die letzte Ritze, das Wasser tropft nur so aus den Schuhen, ist Schluss. Im einzigen offenen Café, weit und breit (ich wiederhole gerne „Karma“) sage ich, „Nein die letzten 50 km fahre ich nicht mehr“. 1020km hin oder her, ich setzte mich so nass und kalt nicht mehr aufs Rad. Für mich ist in diesem kuscheligen warmen Café im Nirgendwo Ende und Klaus versteht das.
„Hallo Max“. „Ja Mama?“. „Wir sind in Nandlstadt, kommst Du uns bitte holen?“ “OK komme. Brauchts noch was?“ „Nein danke, sitzen schön im Trockenen, Essen einen Kuchen nach dem anderen und warten auf Dich“.
1 Stunde später, Räder rein und ab nach Hause. 960 km sind am Ende auf dem Tacho. 960 km. Ankunft daheim. Räder unterstellen, auspacken, duschen und erzählen. Beschließen morgen gleich in der Früh (trockenes Zeitfenster angesagt) machen wir die 1000km voll. Und genau so machen wir das und beenden in der Regensburger Wurstkuch`l bei 6 Bratwürst`l mit Kraut und Bier die 1000km mit einem fetten breiten Grinsen im Gesicht und den Erkenntnissen:
Das war nicht unsere letzte Radtour in dieser Art. Wir lieben die Stille und die Ruhe. Es kommt immer anders als gedacht und geplant. Wie wichtig es ist sich Ziele zu setzten, ob Kilometer, Städte oder „wir machen die Zahl km schön rund“ und mehr noch wie wertvoll es ist sich spontane Pausen und Stopps zu gönnen um Aussicht zu genießen, an diesem Banke`rl stehen zu bleiben und zu sehen wohin dieser Weg am Fluss führt. Da haben wir uns gut ergänzt. Egal ob kleiner Sturz mit Abschürfungen, Platten oder Umwegen durch Orientierungslosigkeit, mit Ruhe, Vertrauen und Humor geht alles nicht schneller oder besser, aber leichter und schöner.
Ein Dank an alle Unterkünfte. Obwohl wir teilweise nass, schmutzig und verschwitzt angekommen sind, wurden wir immer freundlich und herzlich willkommen geheißen.
Ein großen Dank an alle hilfsbereiten Fußgänger, Rad- und Autofahrer. Egal wo wir standen und uns kurz orientiert haben, wurde uns geholfen und Rücksicht genommen. Besonders diese Hilfsbereitschaft hat uns nachhaltig beeindruckt.
Wie schön wir es bei uns in Deutschland haben. Wir wollen in Zukunft mehr davon entdecken.
Daniela & Klaus Mai 2020
Die absolute Warheit (Oktober 2020)Daniela Beier2020-10-30T16:37:53+01:00
Das Gespräch miteinander oder die absolute Wahrheit
Wenn wir altern, lassen Augen und Ohren nach, die Haare fallen aus, die dritten Zähne kommen rein, die Beine werden schwach, und manchmal zittern die Hände. Doch unser gesprächiger Mund entwickelt sich mit jedem Jahr kräftiger. Deshalb können sich unsere wortreichsten Mitbürger erst in späten Jahren als Politiker profilieren.
Es war einmal ein König, dem seine Minister viel Ärger bereiteten. Sie stritten so heftig miteinander, dass nahezu nichts entschieden werden konnte. Die Minister pflegten einer uralten politischen Tradition, denn ein jeder behauptete, dass er allein Recht und alle anderen Unrecht hätten. Doch als der einfallsreiche König ein großes öffentliches Fest organisierte, waren sich alle darin einig, an diesem Tag frei zu nehmen.
Es war ein spektakuläres Fest, das in einer riesigen Arena abgehalten wurde. Sänger und Tänzer traten auf, Akrobaten, Clowns, Musikbands, Feuerschlucker uns noch viel mehr. Dann kam das Finale. Die Minister, die natürlich die besten Plätze ganz vorn in der ersten Reihe innehatten, sahen, wie der König höchstpersönlich seinen Lieblings-Elefanten in den Mittelpunkt der Arena führte. Dem Elefanten folgen sieben blinde Männer. Jeder in der Stadt kannte diese Männer und wusste, dass sie von Geburt an blind waren.
Der König ergriff die Hand des ersten Blinden und führte sie zum Rüssel des Elefanten. Er teilte ihm mit, dass dies ein Elefant sei. Dann legte er die Hand des zweiten Mannes auf einen Stoßzahn und sagt auch ihm, dass dies ein Elefant sei. Die Hand des Dritten erspürte ein Ohr, die des Vierten den Kopf, der Fünfte erfühlte den Köper, der Sechste die Beine und der Siebte den Schweif. Jedem Mann wurde versichert, dass er einen Elefanten berühre. Dann wandte sich der König an den ersten Mann und bat ihn, einen Elefanten zu beschreiben.
„Nach meiner gut erwogenen und kundigen Meinung“, sagte der Blinde, der den Rüssel ergriffen hatte, „gehört der Elefant mit absoluter Sicherheit zur Spezies der Schlangen, vornehmlich der Phyton“.
„Was für ein hirnrissiger Quatsch!“, rief der zweite Blinde, der einen Stoßzahn in der Hand hielt. „Ein Elefant, ist aus viel zu fester Materie, als dass er eine Schlange sein könnte. Tatsächlich, und ich irre mich nie handelt es sich um einen Bauernpflug“.
„Du machst dich lächerlich“, höhnte der dritte Blinde, der immer noch ein Ohr in der Hand hielt, „Ein Elefant ist ein Palmenblatt-Fächer und sonst nichts“.
„Was seid ihr doch für inkompetente Idioten“ sagte der vierte Blinde lachend, der über den Kopf des Elefanten strich. „Ein Elefant ist ohne jeden Zweifel ein großer Wasserkrug“.
„Unmöglich, völliger Unsinn!“, widersprach der fünfte Blinde und fuhr mit der Hand den Körper entlang. „Ein Elefant, ist viel massiver. Er ist ein Felsen“.
„Solchen Blödsinn habe ich meinen Lebtag noch nicht gehört!“ brüllte der sechste Blinde, der ein Bein abgetastet hate. „Ein Elefant ist ein Baumstamm. Ein Idiot, der daran zweifelt!“
„Welch ein Haufen von Ignoranten!“ empörte sich der letzte Blinde, der den Schweif in der Hand hielt. „Ich kann euch genau sagen, was ein Elefant wirklich ist. Ein Art Fliegenklatsche. Das stimmt ganz gewiss, denn genau das fühle ich.“
„Lächerlich! Es ist eine Schlange! – „Unmöglich, es ist ein Krug!“ – „Was seid ihr doch blöd, es ist …“ Und die Blinden begannen so heftig miteinander zu streiten und brüllten sich gleichzeitig so laut an, dass sich ihre Worte miteinander verschmolzen und als ein einziges lautes Gebrüll zu vernehmen waren. Zu Schmähungen und Beleidigungen kamen dann auch noch Handgreiflichkeiten. Die Blinden schlugen um sich, und es schien völlig unwichtig zu sein, wen oder was sie gerade trafen. Sie fochten ums Prinzip, um Integrität und Wahrheit. Um die eigene persönliche Wahrheit.
Nachdem des Königs Soldaten die ziemlich angeschlagenen Blinden voneinander getrennt hatten, amüsierte sich das Publikum im Stadium über die schweigenden Minister, die beschämt auf ihren VIP-Sitzen saßen. Alle Anwesenden hatten genau begriffen, wem der König eine Lektion hatte erteilen wollen.
Jeder von uns kann immer nur einen Teil jenes Ganzen nennen, das die Wahrheit darstellt. Wenn wir unser begrenztes Wissen als absolute Wahrheit ausgeben, gleich wir den blinden Männern, die alle nur ein Stück des Elefanten erfühlten und ihre eigene bruchstückweise Erfahrung zur Wahrheit erhoben und alles andere für falsch hielten.
Statt uns auf blinden Glauben zu verlassen, sollten wir das Gespräch miteinander suchen.
Stellen Sie sich jetzt bitte vor, was dabei herausgekommen wäre, wenn die sieben blinden Männer ihre Erfahrungen zusammengeführt hätten, anstatt den Informationen der anderen nur zu widersprechen. Sie wären zu dem Schluss gekommen, dass ein „Elefant“ einem Felsen ähnelt, dar auf vier Baumstümpfen steht, hinten eine Art Fliegenklatsche aufweist und vorne einen großen Wasserkrug, an dessen Seiten sich zwei Palmblatt-Fächer befinden, während an der Unterseite zwei Pflüge stecken und in der Mitte eine lange Pythonschlange hervorragt. Das wäre nicht die schlechteste Beschreibung eines Elefanten von Menschen, die nie einen sehen werden.
Das Gespräch miteinander. Auch die Aufgabe einer Führungskraft.
Ajahn Brahm (Die Kuh, die weinte)
Über Steige und Wege zu mir (August 2020)Daniela Beier2021-05-21T19:02:21+02:00